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Der Artikel ist im BOTANICA Garten- und Pflanzenfüher 2022 erschienen.

Klimawandel im Pflanzenreich

Alpenpflanzen – Einfluss des Klimawandels auf alpine Pflanzen

Klimaveränderungen gab es auf der Erde immer. Heute ist eine neue Form des Klimawandels sichtbar, die sich von den früheren deutlich unterscheidet: Die momentane globale Erwärmung wird vor allem durch menschengemachte Treibhausgase verursacht.

Für Wachstum und Verbreitung von Pflanzenarten sind verschiedene Faktoren wichtig: Neben Landnutzung, Stickstoffeintrag oder Kohlendioxidanstieg spielt das Klima eine entscheidende Rolle. Durch den Klimawandel ändern sich sowohl Areale als auch Wachstumsprozesse. Im Allgemeinen profitieren wärmeliebende Pflanzenarten von höheren Temperaturen und breiten sich aus, während an mehr Feuchtigkeit gebundene Arten zu den Verlierern zählen. Doch schliesslich reagiert jede Art unterschiedlich auf das sich ändernde Klima.

ANPASSUNGEN ALPINER PFLANZEN
Die Alpen erstrecken sich in einem 1200 km langen Bogen von Nizza bis nach Wien. Rund 5000 verschiedene Pflanzenarten kommen hier vor. Diese enorme Vielfalt ist auch eine Folge der Anpassung an das unterschiedliche Klima. Von der Ebene bis in die höchsten Gebirgsregionen verändert es sich dramatisch. Mit zunehmender Höhe sinkt beispielsweise die Lufttemperatur, die Sonneneinstrahlung wird bedeutend grösser, auch Windstärke, Helligkeit, Niederschlagsmengen oder die Dauer der Schneedecke nehmen zu. All diese Faktoren sind für die Lebensprozesse der Pflanzen entscheidend. Daran haben sie sich im Lauf der Evolution angepasst. Besonders alpine Arten oberhalb der Waldgrenze haben verschiedene Mechanismen zum Schutz vor Austrocknung entwickelt: Zwerg- und Polsterwuchs, ein grosses Wurzelsystem, Verdunstungsschutz an Blättern mit einer dichten Behaarung, ein Wachsüberzug, ledrige, eingerollte oder wasserspeichernde Blätter (Sukkulenz).

VERÄNDERUNGEN DURCH DEN KLIMAWANDEL
Infolge des Klimawandels verschieben die meisten Pflanzen ihre obere Verbreitungsgrenze in die Höhe. Diese «Flucht nach oben» ist eine typische Reaktion auf die zunehmende Temperatur, vermehrte Nährstoffeinträge durch die Luft und eine länger dauernde Vegetationszeit. Studien zeigen, dass sich in den letzten 100 Jahren viele Arten durchschnittlich 20 bis 35 Meter in die Höhe ausgebreitet haben. Zudem sind sie in ihrem Verbreitungsgebiet häufiger geworden. Ebenfalls nach oben verschoben hat sich die Waldgrenze, und zwar auch im Zusammenhang mit einer sich verändernden Nutzung der alpinen Wiesen und Weiden. Doch wenn Pflanzenarten aus tieferen Lagen in die Höhe wandern, verdrängen sie alpine Pflanzenarten. Knapp 20 Prozent der Arten, die zumeist an nährstoffarme Standorte angepasst sind, zeichnen sich als Verlierer der rezenten Veränderungen ab. Sie sind heute deutlich seltener als früher, besiedeln ein schmaleres Höhenband in grösserer Höhe und stehen unter verstärktem Konkurrenzdruck durch die vorstossenden Pflanzenarten, die schneller nach oben wandern, als sie selbst dazu in der Lage sind. Trotzdem gibt es auch Beispiele für Standorte, an denen alpine Arten nicht in die Höhe flüchten. Aufgrund der Topografie und Exposition des alpinen Geländes finden sich diverse Mikroklimata auf kleinstem Raum, wodurch die Pflanzen auf gleichbleibender Höhe über kurze Distanzen ausweichen können.

ROLLE DER BOTANISCHEN GÄRTEN
Botanische Gärten beherbergen oft eine reiche Sammlung an alpinen Pflanzenarten, die mit viel gärtnerischem Wissen kultiviert werden. Im folgenden Kapitel «Gärten» werden exemplarisch 25 Pflanzenarten aus dem Alpenbogen porträtiert und ihre Reaktion auf den Klimawandel aufgezeigt.

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