Alpenpflanzen – Einfluss des Klimawandels auf alpine Pflanzen
Klimaveränderungen gab es auf der Erde immer. Heute ist eine neue Form des Klimawandels sichtbar, die sich von den früheren deutlich unterscheidet: Die momentane globale Erwärmung wird vor allem durch menschengemachte Treibhausgase verursacht.
Für Wachstum und Verbreitung von Pflanzenarten sind verschiedene Faktoren wichtig: Neben Landnutzung, Stickstoffeintrag oder Kohlendioxidanstieg spielt das Klima eine entscheidende Rolle. Durch den Klimawandel ändern sich sowohl Areale als auch Wachstumsprozesse. Im Allgemeinen profitieren wärmeliebende Pflanzenarten von höheren Temperaturen und breiten sich aus, während an mehr Feuchtigkeit gebundene Arten zu den Verlierern zählen. Doch schliesslich reagiert jede Art unterschiedlich auf das sich ändernde Klima.
ANPASSUNGEN ALPINER PFLANZEN Die Alpen erstrecken sich in einem 1200 km langen Bogen von Nizza bis nach Wien. Rund 5000 verschiedene Pflanzenarten kommen hier vor. Diese enorme Vielfalt ist auch eine Folge der Anpassung an das unterschiedliche Klima. Von der Ebene bis in die höchsten Gebirgsregionen verändert es sich dramatisch. Mit zunehmender Höhe sinkt beispielsweise die Lufttemperatur, die Sonneneinstrahlung wird bedeutend grösser, auch Windstärke, Helligkeit, Niederschlagsmengen oder die Dauer der Schneedecke nehmen zu. All diese Faktoren sind für die Lebensprozesse der Pflanzen entscheidend. Daran haben sie sich im Lauf der Evolution angepasst. Besonders alpine Arten oberhalb der Waldgrenze haben verschiedene Mechanismen zum Schutz vor Austrocknung entwickelt: Zwerg- und Polsterwuchs, ein grosses Wurzelsystem, Verdunstungsschutz an Blättern mit einer dichten Behaarung, ein Wachsüberzug, ledrige, eingerollte oder wasserspeichernde Blätter (Sukkulenz).
VERÄNDERUNGEN DURCH DEN KLIMAWANDEL Infolge des Klimawandels verschieben die meisten Pflanzen ihre obere Verbreitungsgrenze in die Höhe. Diese «Flucht nach oben» ist eine typische Reaktion auf die zunehmende Temperatur, vermehrte Nährstoffeinträge durch die Luft und eine länger dauernde Vegetationszeit. Studien zeigen, dass sich in den letzten 100 Jahren viele Arten durchschnittlich 20 bis 35 Meter in die Höhe ausgebreitet haben. Zudem sind sie in ihrem Verbreitungsgebiet häufiger geworden. Ebenfalls nach oben verschoben hat sich die Waldgrenze, und zwar auch im Zusammenhang mit einer sich verändernden Nutzung der alpinen Wiesen und Weiden. Doch wenn Pflanzenarten aus tieferen Lagen in die Höhe wandern, verdrängen sie alpine Pflanzenarten. Knapp 20 Prozent der Arten, die zumeist an nährstoffarme Standorte angepasst sind, zeichnen sich als Verlierer der rezenten Veränderungen ab. Sie sind heute deutlich seltener als früher, besiedeln ein schmaleres Höhenband in grösserer Höhe und stehen unter verstärktem Konkurrenzdruck durch die vorstossenden Pflanzenarten, die schneller nach oben wandern, als sie selbst dazu in der Lage sind. Trotzdem gibt es auch Beispiele für Standorte, an denen alpine Arten nicht in die Höhe flüchten. Aufgrund der Topografie und Exposition des alpinen Geländes finden sich diverse Mikroklimata auf kleinstem Raum, wodurch die Pflanzen auf gleichbleibender Höhe über kurze Distanzen ausweichen können.
ROLLE DER BOTANISCHEN GÄRTEN Botanische Gärten beherbergen oft eine reiche Sammlung an alpinen Pflanzenarten, die mit viel gärtnerischem Wissen kultiviert werden. Im folgenden Kapitel «Gärten» werden exemplarisch 25 Pflanzenarten aus dem Alpenbogen porträtiert und ihre Reaktion auf den Klimawandel aufgezeigt.
Als Kind war es Léa Wobmanns Traum, ihre Hängematte in den tropischen Gewächshäusern des Botanischen Gartens in Genf aufzuhängen. Die üppige Vegetation hatte damals ihre Fantasie beflügelt. Gut zwei Jahrzehnte
Aufgewachsen zwischen Bergwäldern und Alpwiesen, entdeckte Jan Jelen als junger Mann mitten in der Stadt eine ganz neue Pflanzenwelt. «Ich war für die Gärtneraus- bildung nach Genf gezogen und verbrachte
BEAT FISCHER Herr Randin, wie nehmen Sie als Gebirgsökologe den Klimawandel wahr? CHRISTOPHE RANDIN Die Erwärmung in den Bergen realisierte ich schon früh. Ich erinnere mich an ein Ereignis im
BEAT FISCHER Frau Wipf, als Gebirgsökologin stehen Sie oft zuoberst auf dem, Gipfel. Sind Sie auch eine Bergsteigerin? SONJA WIPF Ich bewege mich gerne und gut im weglosen Terrain, aber
BEAT FISCHER Herr Schaffner, wieso befindet sich die Schweizer Niederlassung einer weltweit tätigen Organisation mit über 600 Mitarbeitenden in Delémont? URS SCHAFFNER Das hat biologische Gründe. Die Geschichte beginnt nach
BEAT FISCHER Herr Walther, Sie haben jahrelang mit invasiven Neophyten geforscht. Entwickelt man dabei auch so etwas wie eine Beziehung zu diesen Pflanzenarten? GIAN-RETO WALTHER Je länger man sich mit
Eine tropische Pflanze mit dem lautmalerischen Namen Monstera deliciosa begründete ihre Liebe zur Botanik. Als Zimmerpflanze schmückte das Fensterblatt die elterliche Wohnung in Zürich. Als sie acht Jahre alt war,
INVASIVE NEOPHYTEN Pflanzenarten, die nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus 1492 absichtlich oder unabsichtlich in ein neues Gebiet eingeführt wurden und sich in der Natur etablierten, werden Neophyten genannt.
BEAT FISCHER Herr Zimmermann, wie nehmen Sie persönlich den Klimawandel wahr? NIKLAUS E. ZIMMERMANN In erster Line beim Wandern im Gebirge. Ich gehe gerne und oft in die Regionen, in
Klimaveränderungen gab es auf der Erde immer. Als die landlebenden Dinosaurier vor rund 65 Millionen Jahren ausstarben, herrschte in der Gegend der Schweiz ein subtropisches bis tropisches Klima. Im Eiszeitalter,
Es sind über 350 000 kleine rote Punkte, die Joëlle Magnin begeistern. «Schauen Sie mal», sagt sie und schiebt den Laptop über den Tisch, «die Karte des Kantons Waadt ist
In der Schweiz sind über ein Viertel der Wildpflanzen bedroht und stehen auf der Roten Liste. In botanischen Gärten werden solche gefährdeten Arten für eine Wiederansiedlung in ihren natürlichen Lebensräumen kultiviert.
Info Flora ist das nationale Daten- und Informationszentrum zur Schweizer Flora. Deren Direktor, Dr. Stefan Eggenberg, engagiert sich seit Jahrzehnten im Artenschutz.
Kantonale Naturschutzfachstellen sind bei Erhaltungsprogrammen und Wiederaussiedlungen von seltenen und gefährdeten Pflanzenarten wichtige Partner der botanischen Gärten.
Der Botanische Garten der Universität Freiburg nimmt in der Schweiz eine Pionierrolle ein. Prof. Gregor Kozlowski realisierte mit seiner Forschungsgruppe und dem Gartenteam etliche erfolgreiche Wiederaussiedlungen.
Peter Enz’ wichtigstes Ziel ist die Sensibilisierung für Pflanzen und die Natur. Darum liegt dem Leiter des Botanischen Gartens der Universität Zürich die diesjährige «BOTANICA» sehr am Herzen: Weil sie aufzeigt, wie wichtig der Erhalt bedrohter heimischer Pflanzen ist.
Gregor Kozlowski ist in seinem Element, wenn er über sein Spezialgebiet, den Artenschutz, spricht. «Allein im Kanton Freiburg sind rund 700 Pflanzenarten bedroht, ein Drittel des kantonalen Wildpflanzenbestandes.»
Der Artikel ist im BOTANICA Garten- und Pflanzenfüher 2022 erschienen.
Alpenpflanzen – Einfluss des Klimawandels auf alpine Pflanzen
Klimaveränderungen gab es auf der Erde immer. Heute ist eine neue Form des Klimawandels sichtbar, die sich von den früheren deutlich unterscheidet: Die momentane globale Erwärmung wird vor allem durch menschengemachte Treibhausgase verursacht.
Für Wachstum und Verbreitung von Pflanzenarten sind verschiedene Faktoren wichtig: Neben Landnutzung, Stickstoffeintrag oder Kohlendioxidanstieg spielt das Klima eine entscheidende Rolle. Durch den Klimawandel ändern sich sowohl Areale als auch Wachstumsprozesse. Im Allgemeinen profitieren wärmeliebende Pflanzenarten von höheren Temperaturen und breiten sich aus, während an mehr Feuchtigkeit gebundene Arten zu den Verlierern zählen. Doch schliesslich reagiert jede Art unterschiedlich auf das sich ändernde Klima.
ANPASSUNGEN ALPINER PFLANZEN
Die Alpen erstrecken sich in einem 1200 km langen Bogen von Nizza bis nach Wien. Rund 5000 verschiedene Pflanzenarten kommen hier vor. Diese enorme Vielfalt ist auch eine Folge der Anpassung an das unterschiedliche Klima. Von der Ebene bis in die höchsten Gebirgsregionen verändert es sich dramatisch. Mit zunehmender Höhe sinkt beispielsweise die Lufttemperatur, die Sonneneinstrahlung wird bedeutend grösser, auch Windstärke, Helligkeit, Niederschlagsmengen oder die Dauer der Schneedecke nehmen zu. All diese Faktoren sind für die Lebensprozesse der Pflanzen entscheidend. Daran haben sie sich im Lauf der Evolution angepasst. Besonders alpine Arten oberhalb der Waldgrenze haben verschiedene Mechanismen zum Schutz vor Austrocknung entwickelt: Zwerg- und Polsterwuchs, ein grosses Wurzelsystem, Verdunstungsschutz an Blättern mit einer dichten Behaarung, ein Wachsüberzug, ledrige, eingerollte oder wasserspeichernde Blätter (Sukkulenz).
VERÄNDERUNGEN DURCH DEN KLIMAWANDEL
Infolge des Klimawandels verschieben die meisten Pflanzen ihre obere Verbreitungsgrenze in die Höhe. Diese «Flucht nach oben» ist eine typische Reaktion auf die zunehmende Temperatur, vermehrte Nährstoffeinträge durch die Luft und eine länger dauernde Vegetationszeit. Studien zeigen, dass sich in den letzten 100 Jahren viele Arten durchschnittlich 20 bis 35 Meter in die Höhe ausgebreitet haben. Zudem sind sie in ihrem Verbreitungsgebiet häufiger geworden. Ebenfalls nach oben verschoben hat sich die Waldgrenze, und zwar auch im Zusammenhang mit einer sich verändernden Nutzung der alpinen Wiesen und Weiden. Doch wenn Pflanzenarten aus tieferen Lagen in die Höhe wandern, verdrängen sie alpine Pflanzenarten. Knapp 20 Prozent der Arten, die zumeist an nährstoffarme Standorte angepasst sind, zeichnen sich als Verlierer der rezenten Veränderungen ab. Sie sind heute deutlich seltener als früher, besiedeln ein schmaleres Höhenband in grösserer Höhe und stehen unter verstärktem Konkurrenzdruck durch die vorstossenden Pflanzenarten, die schneller nach oben wandern, als sie selbst dazu in der Lage sind. Trotzdem gibt es auch Beispiele für Standorte, an denen alpine Arten nicht in die Höhe flüchten. Aufgrund der Topografie und Exposition des alpinen Geländes finden sich diverse Mikroklimata auf kleinstem Raum, wodurch die Pflanzen auf gleichbleibender Höhe über kurze Distanzen ausweichen können.
ROLLE DER BOTANISCHEN GÄRTEN
Botanische Gärten beherbergen oft eine reiche Sammlung an alpinen Pflanzenarten, die mit viel gärtnerischem Wissen kultiviert werden. Im folgenden Kapitel «Gärten» werden exemplarisch 25 Pflanzenarten aus dem Alpenbogen porträtiert und ihre Reaktion auf den Klimawandel aufgezeigt.
Die Emotionen Wecken
Als Kind war es Léa Wobmanns Traum, ihre Hängematte in den tropischen Gewächshäusern des Botanischen Gartens in Genf aufzuhängen. Die üppige Vegetation hatte damals ihre Fantasie beflügelt. Gut zwei Jahrzehnte
Mit den Alpenfplanzen auf Du und Du
Aufgewachsen zwischen Bergwäldern und Alpwiesen, entdeckte Jan Jelen als junger Mann mitten in der Stadt eine ganz neue Pflanzenwelt. «Ich war für die Gärtneraus- bildung nach Genf gezogen und verbrachte
«Seit Jahrzehnten gedeihen immer mehr kleine Bäume in der alpinen Stufe»
BEAT FISCHER Herr Randin, wie nehmen Sie als Gebirgsökologe den Klimawandel wahr? CHRISTOPHE RANDIN Die Erwärmung in den Bergen realisierte ich schon früh. Ich erinnere mich an ein Ereignis im
«Sehr viele Pflanzenarten wandern von weiter unten auf die Gipfel»
BEAT FISCHER Frau Wipf, als Gebirgsökologin stehen Sie oft zuoberst auf dem, Gipfel. Sind Sie auch eine Bergsteigerin? SONJA WIPF Ich bewege mich gerne und gut im weglosen Terrain, aber
«Invasive Pflanzen können ganze Ökosyseme verändern»
BEAT FISCHER Herr Schaffner, wieso befindet sich die Schweizer Niederlassung einer weltweit tätigen Organisation mit über 600 Mitarbeitenden in Delémont? URS SCHAFFNER Das hat biologische Gründe. Die Geschichte beginnt nach
«Wir können nicht tatenlos zusehen»
BEAT FISCHER Herr Walther, Sie haben jahrelang mit invasiven Neophyten geforscht. Entwickelt man dabei auch so etwas wie eine Beziehung zu diesen Pflanzenarten? GIAN-RETO WALTHER Je länger man sich mit
Von tropisch zu einheimisch
Eine tropische Pflanze mit dem lautmalerischen Namen Monstera deliciosa begründete ihre Liebe zur Botanik. Als Zimmerpflanze schmückte das Fensterblatt die elterliche Wohnung in Zürich. Als sie acht Jahre alt war,
Invasive Neophyten – Einfluss des Klimawandels auf die Vegetation
INVASIVE NEOPHYTEN Pflanzenarten, die nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus 1492 absichtlich oder unabsichtlich in ein neues Gebiet eingeführt wurden und sich in der Natur etablierten, werden Neophyten genannt.
«Letztlich sind es die Extremereignisse, die zu Veränderungen führen»
BEAT FISCHER Herr Zimmermann, wie nehmen Sie persönlich den Klimawandel wahr? NIKLAUS E. ZIMMERMANN In erster Line beim Wandern im Gebirge. Ich gehe gerne und oft in die Regionen, in
Ursachen und Folgen des Klimawandels
Klimaveränderungen gab es auf der Erde immer. Als die landlebenden Dinosaurier vor rund 65 Millionen Jahren ausstarben, herrschte in der Gegend der Schweiz ein subtropisches bis tropisches Klima. Im Eiszeitalter,
«Der Mensch schützt, was er schätzt.»
Es sind über 350 000 kleine rote Punkte, die Joëlle Magnin begeistern. «Schauen Sie mal», sagt sie und schiebt den Laptop über den Tisch, «die Karte des Kantons Waadt ist
Erhaltung gefährdeter Wildpflanzen in botanischen Gärten
In der Schweiz sind über ein Viertel der Wildpflanzen bedroht und stehen auf der Roten Liste. In botanischen Gärten werden solche gefährdeten Arten für eine Wiederansiedlung in ihren natürlichen Lebensräumen kultiviert.
«Die Stimmung für Artenförderung war noch nie so gut»
Info Flora ist das nationale Daten- und Informationszentrum zur Schweizer Flora. Deren Direktor, Dr. Stefan Eggenberg, engagiert sich seit Jahrzehnten im Artenschutz.
«Wir profitieren vom grossen gärtnerischen Knowhow»
Kantonale Naturschutzfachstellen sind bei Erhaltungsprogrammen und Wiederaussiedlungen von seltenen und gefährdeten Pflanzenarten wichtige Partner der botanischen Gärten.
«Die Natur kennt keine Grenzen»
Der Botanische Garten der Universität Freiburg nimmt in der Schweiz eine Pionierrolle ein. Prof. Gregor Kozlowski realisierte mit seiner Forschungsgruppe und dem Gartenteam etliche erfolgreiche Wiederaussiedlungen.
«Infotainment ist heute besonders wichtig»
Peter Enz’ wichtigstes Ziel ist die Sensibilisierung für Pflanzen und die Natur. Darum liegt dem Leiter des Botanischen Gartens der Universität Zürich die diesjährige «BOTANICA» sehr am Herzen: Weil sie aufzeigt, wie wichtig der Erhalt bedrohter heimischer Pflanzen ist.
«Unser Gründervater wären zufrieden mit uns»
Catherine Lambelet setzt sich für den Erhalt bedrohter Pflanzen ein. Sie ist Konservatorin am Botanischen Garten von Genf
«Verschwindet eine Art, geschieht dies meist im Stillen.»
Gregor Kozlowski ist in seinem Element, wenn er über sein Spezialgebiet, den Artenschutz, spricht. «Allein im Kanton Freiburg sind rund 700 Pflanzenarten bedroht, ein Drittel des kantonalen Wildpflanzenbestandes.»