Das Interview ist im BOTANICA Garten- und Pflanzenführer 2018 erschienen.
(Foto: BAFU, Vera Bueller)

Die Letzten ihrer Art

«Die Stimmung für Artenförderung war noch nie so gut»

Info Flora ist das nationale Daten- und Informationszentrum zur Schweizer Flora. Es bietet eine Fülle von Informationen über die einheimischen Pflanzen und Lebensräume, verwaltet den Verbreitungsatlas zur Schweizer Flora, bearbeitet sowohl die Schwarze Liste (invasive Neophyten) als auch die Rote Liste (gefährdete Pflanzen) und unterstützt die Förderung gefährdeter Arten in der ganzen Schweiz. Dabei berät Info Flora vor allem die kantonalen Naturschutzfachstellen, aber auch botanische Gärten beim Projekt «Die Letzten ihrer Art». Deren Direktor, Dr. Stefan Eggenberg, engagiert sich seit Jahrzehnten im Artenschutz.

Dr. Stefan Eggenberg ist der Direktor von Info Flora. Er betreut ein Team von rund 15 Personen, mit Büros in Genf, Bern und Lugano.

BEAT FISCHER Haben Sie eine Lieblingspflanze?
STEFAN EGGENBERG Eigentlich habe ich viele Lieblingspflanzen, aber speziell gefallen mir Wildrosen. Gegen eine schmucke Akelei habe ich aber auch nichts.

Sind diese selten oder gar geschützt?
Viele Wildrosen sind selten, bei einigen trägt die Schweiz eine besondere Verantwortung. Wildrosen sind nicht geschützt, Akeleien aber schon.

Info Flora ist bei Projekten zur Erhaltung gefährdeter Pflanzenarten seit Jahren aktiv und organisierte beispielsweise im Januar 2015 eine Fachtagung zu ex situ-Erhaltungsprogrammen. Brachte diese den gewünschten Schub, so dass neue Programme lanciert werden konnten?
Es gab zweifellos Impulse, schon während der Tagung, aber die lassen sich nicht quantifizieren. Insbesondere in den Botanischen Gärten Bern und Genf, wo ich mit den zuständigen Personen regelmässig im Kontakt stehe, wurden neue Projekte initiiert. Ich denke, die Tagung kam zur rechten Zeit, da die Artenförderung bei Pflanzen vor zehn bis fünfzehn Jahren in der Naturschutzpraxis noch kein grosses Thema war, heute aber schon.

Gibt es Beispiele von Pflanzenarten, bei denen Info Flora direkt mitwirkt?
Im Kanton Schaffhausen führt Info Flora mit dem kantonalen Planungs- und Naturschutzamt ein Wiederaussiedlungsprojekt mit dem Wiesen-Gelbstern (Gagea pratensis) durch. Das Programm läuft seit 2017, und die Finanzierung ist bis 2021 gesichert.

Info Flora erarbeitete Empfehlungen zu ex situ-Programmen (Erhaltung und Ansiedlung). Haben sich diese bewährt, etwa «Im Idealfall werden pro Probe 500 bis 5000 Individuen einer Art erhalten»?
Info Flora ist nicht die umsetzende Organisation, ich kann dies daher nicht beurteilen. Aber solche Empfehlungen sind vor allem bei der Planung wichtig. Diese Zahlen stammen aus der Populationsgenetik und sind meist nicht vollständig umsetzbar, sie geben aber die Leitlinie, den Idealzustand vor. Das ist sehr wichtig!

Welche weitere Rolle spielt Info Flora bei ex situ-Projekten?
Info Flora liefert die Grundlagen dafür, welche Arten prioritär sind für solche Fördermassnahmen. Wir nehmen in Anspruch, dass wir die nationale Übersicht haben und daher die Situation aus nationaler Sicht beurteilen. Aus dieser Übersicht heraus beraten wir auch die Kantone. Wir sind jeweils froh, wenn wir beigezogen werden, so können wir beratend wirken oder auch intervenieren.

Wie funktioniert die Unterstützung von Info Flora bei der Beratung von Artenschutzprojekten?
Bei Artenschutzprogrammen gibt es viele Akteure: Es können Naturschutzorganisationen, Gemeinden oder Pärke sein, aber ganz klar, die Kantone sind die wichtigsten Partner. Die Verfassung verpflichtet sie dazu, die Artenvielfalt zu schützen. Nebst den öffentlichen Aktivitäten gibt es auch solche privater Institutionen, wie beispielsweise Pro Natura mit ihren Artenschutzprogrammen.

Die «Globale Strategie zur Erhaltung der Pflanzen» (GSPC), welche die Schweiz über die Biodiversitätsstrategie ratifiziert hat, verlangt, dass 75 Prozent der gefährdeten Arten ex situ erhalten werden und dass davon 20 Prozent für Ansiedlungen zur Verfügung stehen. Erreicht die Schweiz dieses Ziel?
Dieses Ziel werden wir wohl nie vollständig erreichen, auch hier geht es um einen Idealzustand, dem es sich so gut wie möglich anzunähern gilt. Aber es ist sehr gut, eine starke Forderung zu stellen. In der Schweiz gibt es 837 national prioritäre Pflanzenarten, die praktisch alle auch gefährdete Arten sind. Bei den Samenbanken ist das Ziel wohl erreichbar, denn der Botanische Garten Genf betreibt die grösste nationale Samenbank sehr professionell. Aber bei lebenden Ex-situ-Aussiedlungen sind wir noch nicht so weit. Dafür brauchen wir 167 ex situ-Pflanzen in Kultur.

Haben Sie Wünsche an die botanischen Gärten?
Selbstverständlich! Wenn man die Ziele der GSPC erreichen will, braucht es eine Koordination und wir könnten diese unterstützen. Wenn die Gärten ein Gesamtprogramm starten wollen, dann wären wir sehr gerne behilflich. Die botanischen Gärten sind als wichtigste Akteure höchst willkommen für die Erhaltungskulturen, da braucht es nebst Koordination auch Sorgfalt, damit man genetische Vermischungen von nah verwandten Arten unterbindet oder damit keine gärtnerische Auslese durchgeführt wird, also nicht nur die schönsten Exemplare ausgewählt werden. Der heikelste Schritt ist jedoch derjenige von der Vermehrungskultur ins Freiland. Und die Populationen müssen sich auch nachhaltig im Freiland halten. Da gibt es viele schlechte und einige gute Beispiele, hier sind wir daran, Erfahrungen zu sammeln.

Ihr Fazit?
Die Stimmung für Artenförderung und ex situ-Erhaltunsprogramme war noch nie so gut wie jetzt. Die national prioritären Arten profitieren von einem Aktionsplan. Die Kantone haben realisiert, dass der Biotopschutz alleine nicht ausreicht, dass auch der Artenschutz wichtig ist. Aber sie sind sich der wichtigen Rolle der botanischen Gärten noch nicht bewusst, mit seltenen Ausnahmen.

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