Der Artikel ist im BOTANICA Garten- und Pflanzenfüher 2020/2021 erschienen.

Invasive Neophyten

Invasive Neophyten – Einfluss des Klimawandels auf die Vegetation

Der Klimawandel ist im Pflanzenreich bereits deutlich sichtbar. So hat sich etwa die Vegetationsperiode in den letzten 50 Jahren um zwei bis vier Wochen verlängert. Waldbäume leiden im Sommer unter Trockenstress. Das Verbreitungsgebiet vieler Arten verändert sich, beispielsweise verschieben Gebirgspflanzen ihre Grenzen nach oben. Zudem fördern höhere Temperaturen das Einwandern und die Ausbreitung wärmeliebender gebietsfremder Pflanzenarten, mildere Winter ermöglichen ein Überleben während der kalten Jahreszeit.

INVASIVE NEOPHYTEN
Pflanzenarten, die nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus 1492 absichtlich oder unabsichtlich in ein neues Gebiet eingeführt wurden und sich in der Natur etablierten, werden Neophyten genannt. Vermehren sich solche gebietsfremden Pflanzen stark und breiten sich auf Kosten einheimischer Arten aus, zählen sie zu den invasiven Neophyten. Diese verursachen oft ökologische, ökonomische oder gesundheitliche Probleme. Sie werden invasiv, weil ihre natürlichen Feinde wie Insekten, Pilze oder Bakterien meist in ihrer ursprünglichen Heimat blieben. Zudem haben sie häufig erfolgreiche Strategien, um sich zu etablieren. Dazu zählen etwa geringe Ansprüche an die Umweltbedingungen, effektive Nutzung von Licht, Wasser und Nährstoffen, schnelles Wachstum, rasche Bildung von Dominanzbeständen, Absonderung von giftigen Stoffen, die andere Pflanzenarten beeinträchtigen, hohe Regenerationsfähigkeit, beispielsweise aus kleinen Wurzelstücken, vegetative Vermehrung mit Ausläufern, hohe Samenproduktion, hohe Keimungsrate, Fernausbreitung der Samen mit Wind und Wasser oder erfolgreiche Ausbreitung mit Hilfe des Menschen.

Die Probleme und Gefahren durch invasive Neophyten sind vielfältig. Sie betreffen sowohl den Menschen als auch Ökosysteme: Gefährdung der menschlichen Gesundheit, etwa durch Allergien oder Gifte, Verdrängung einheimischer Arten und Verringerung der Artenvielfalt, Verursachung wirtschaftlicher Schäden, etwa durch Ertrags- und Qualitätseinbussen in der Land- und Forstwirtschaft oder Schäden an Bauten.

In der Schweiz gibt es rund 2600 einheimische Pflanzenarten. Dazu kommen über 600 Neophyten, die oft unscheinbar gedeihen. Davon werden 58 zu den invasiven oder potenziell invasiven Neophyten gezählt und auf der Schwarzen Liste und der Watch-Liste geführt. Gebietsfremde Organismen sind nicht nur in der Schweiz ein Problem, sondern weltweit. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat eine Liste der weltweit 100 schlimms- ten invasiven Arten erstellt. Dazu zählen auch Pflanzen, die in der Schweiz und Europa heimisch sind, aber auf anderen Kontinenten ein grosses Problem darstellen.

Die Vielblättrige Lupine gelangte vor knapp 200 Jahren aus Nordamerika nach Europa. Die beliebte Zierpflanze büxt aus Gärten aus und gedeiht dank des Klimawandels auch in Bergwiesen.

ROLLE DER BOTANISCHEN GÄRTEN
Weil sie sich möglicherweise ausbreiten könnten, werden in botanischen Gärten nur wenige invasive Neophyten kultiviert. Eine Ausnahme bilden tropische Pflanzen und Arten, die ihren Ursprung in Europa haben. Trotzdem informieren und sensibilisieren die botanischen Gärten mit Broschüren, Flyern oder Ausstellungen die Besucherinnen und Besucher für diese Problematik. Eine Auswahl invasiver Neophyten wird im Kapitel «Gärten» porträtiert. Es gilt zu beachten, dass die einem botanischen Garten zugeordnete Pflanzenart nicht unbedingt auch in diesem wächst; insbesondere in alpinen Gärten finden sich nur selten problematische Neophyten.

RECHTLICHE GRUNDLAGEN
Die Situation in der Schweiz und weltweit

ALLGEMEIN
Die schweizerische Rechtsordnung regelt die Handhabung von gebietsfremden Organismen über verschiedene Bestimmungen
auf Gesetzes- und Verordnungsstufe. Zudem verabschiedete der Bundesrat 2017 den Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz und hält darin fest, dass die Auswirkung des Klimawandels sowie die Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten den bereits starken Druck auf die Biodiversität noch weiter erhöhen werden. In Zukunft möchte der Bundesrat das Umweltschutzgesetz so anpassen, dass sich nichteinheimische Pflanzen und Tiere, die in der Schweiz potenziell Schäden verursachen, effizienter bekämpfen lassen.

Im Herbst kann ein einzelner Fruchtstand der Kanadischen Goldrute über 13 000 Samen produzieren, die mit dem Wind ausgebreitet werden. Ihre dichten Bestände verdrängen die einheimische Flora.

WICHTIGSTE GRUNDLAGEN
Die wichtigste rechtliche Grundlage bietet die FREISETZUNGSVERORDNUNG. Der Bundesrat regelt darin den Umgang mit gebietsfremden Pflanzen und Tieren, um die Verdrängung einheimischer Arten einzudämmen, die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt zu schützen und die einheimische Artenvielfalt zu erhalten. Seit 2008 sind in der Schweiz die Vermehrung, die Freisetzung und der Handel von 17 Pflanzen- und 3 Tierarten verboten. In der rechtlich unverbindlichen SCHWARZEN LISTE von Info Flora werden jene 42 invasiven Neophyten aufgeführt, die ein hohes Ausbreitungspotenzial haben und in den Bereichen Biodiversität, Gesundheit und Ökonomie Schäden verursachen. Ihre weitere Ausbreitung muss verhindert werden. 16 Neophyten, die das Potenzial haben, Schäden zu verursachen, werden auf der WATCH-LISTE geführt. Es gilt deren Bestände zu überwachen und wenn nötig einzudämmen.

WELTWEITE SITUATION
Auf globaler Stufe hat die Weltnaturschutzunion IUCN eine Liste der weltweit 100 schlimmsten invasiven Arten erstellt. Diese umfasst eine Auswahl der problematischsten Pflanzen und Tiere, von denen einige auch in der Schweiz vorkommen.

VORBEUGUNGEN UND MASSNAHMEN
Die Ausbreitung gebietsfremder Arten geschieht oft unbedacht. Daher kommt der Aufklärung und Bewusstseinsbildung von Privatleuten oder betroffenen Berufsgruppen wie in der Land- und Forstwirtschaft, im Garten- und Strassenbau oder in der Imkerei grösste Bedeutung zu:
• Verwendung einheimischer Pflanzenarten
• Verzicht auf das Ausbringen von Pflanzenarten der Schwarzen Liste und der Watch-Liste
• Keine unbeabsichtigte Ausbreitung wie die Verschleppung von Samen oder Pflanzenteilen durch Erdbewegungen
• Der Bund sollte ein generelles Verkaufsverbot aller Pflanzenarten der Schwarzen Liste und der Watch-Listeanstreben

BEKÄMPFUNG
Die Bekämpfungsmassnahmen unterscheiden sich je nach Pflanzenart. Bei gesundheitsgefährdenden Neophyten gilt es zudem, sich entsprechend zu schützen:
• Sorgfältiges Ausgraben und Entfernen der gesamten Pflanze
• Stockausschläge bis zur Ermüdung der Pflanze stets wieder beseitigen
• Blütenstände vor der Fruchtbildung oder Samenreife entfernen
• Regelmässige Kontrolle nichteinheimischer GartenpflanzenVerwendete Arbeitsgeräte nach dem Einsatz reinigen
• Sachgerechte Entsorgung des Pflanzenmaterials, beispielsweise in der Kehrichtverbrennung
• Herbizide nur im Notfall und unter Anweisung einer Fachperson anwenden

MONITORING
Die Beobachtung der Bestandsentwicklung und Ausbreitung bereits eingeführter invasiver Neophyten stellt die Grundlage für eventuelle rechtzeitige Kontroll- oder Bekämpfungsmassnahmen dar.

MELDESTELLEN
Bei Fragen zu invasiven Neophyten stehen die kantonalen Naturschutzfachstellen zur Verfügung. Wer eigene bemerkenswerte Funde macht, kann diese Info Flora mitteilen (www.infoflora.ch).

 

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